Mittwoch, März 26, 2014

Das Schokorosinentrauma

Ich muss es wieder tun und meinen Lieblingsblogpostanfang bemühen: Lassen Sie mich ein wenig ausholen: Als ich letzte Woche vor dem Süsskramregal des Supermarktes meines Vertrauens stand und nach "Bastelzutaten" für die Cupcake-Eulen von gestern suchte*, stachen mir die Schokorosinen ins Auge. Überhaupt kaufe ich für Geburtstagkuchen ja ganz untypisch ein, nämlich nach der Optik und der Form und Verwendbarkeit als Baumaterial. Praktischerweise hat mein Vater, der ja jetzt seit einiger Zeit in Leipzig wohnt, tonnenweise Ostalgie-Produkte mitgebracht und bei allem Verständnis für Nostalgie und so: lassen Sie es mich so formulieren: DDR-Schokolade für einen Schweizer Schoggi gewohnten Gaumen ist ... naja, gewöhnungsbedürftig. Aber: die "Brocken-Spitzen" haben die perfekte Form für Eulenschnäbel (sonst hätte ich halt Toblerone nehmen müssen ;-)), und ich war also auf der Suche nach kleinen, länglichen braunen Dingen zum Legen der Füsse. Dafür sind die Schokorosinen natürlich super, auch wenn ich gar nicht wusste, dass es die tatsächlich noch gibt. Zu meiner Kindergartenzeit waren das eigentlich recht weit verbreitete Süssigkeiten, ich weiss nicht, ob es die bei uns daheim oder eben im Kindergarten häufiger mal gab, weil man sich einreden konnte, dass das ja eigentlich wegen der Früchte und Nüsse drin (die gab es ja gerne auch mal in so komsichen Mixtüten**) was Gesundes wäre? Wie auch immer, bei uns daheim waren Süssigkeiten eh streng rationiert, da war es ganz grossartig, wenn es mal etwas gab, auch wenn es entweder muffiger Erdnüsse oder Rosinen in krisseliger Schikolade waren. Dementsprechend war es wie ein Sechser im Lotto für mich, als ich beim allfreitäglichen "Wir kehren mit Kehrschaufel und Besen den Boden zusammen" im Kindergarten neben Wollmäusen, Radiergummifutzeln, alten Taschentüchern und Wachmalkreidenkrümeln eine Schokorosine auf meiner Kehrschaufeln fand. Natürlich habe ich die nicht weggeworfen, sondern direkt verspeist, obwohl es kurz vor dem Mittagessen war. Und ich muss sagen, entweder war die Freitage davor nicht so richtig gründlich gekehrt worden oder die Schokorosine war vorher mehrere Jahre irgendwo versteckt gewesen oder, und ich fürchte fast, das war es, sie war gar keine Schokorosine, sondern irgendwas, was nie zum Essen gedacht war, auf jeden Fall schmeckte dieses kleine braune Bröckchen so widerlich, dass sich mir heute noch beim Gedanken daran der Magen umdreht. Das Gefühl liess sich beim Cupcakeverzieren durch das Probieren einer frischen (echten) Schokorosine übrigens auch sofort abrufen, wegen mir können die also echt wirklich abgeschafft werden. (Ach ja: und von Kehrschaufeln esse ich auch nur noch ganz selten.)

* Ich finde die achso übliche und lustige Formulierung "hüpfte mir in den Einkaufswagen" nur so mittel, weil: bei mir hüpft nix, ich kaufe genau das, was ich will (also: das was auf dem Einkaufszettel steht, gerne auch mal was wo "jetzt neu" oder "nur für kurze Zeit" oder "Limited Edition" draufsteht. Und natürlich die langweiligste Schokolade der Welt. Und zwei Überraschungseier, die Little L. immer sehr gut rausverhandelt. Und natürlich kein Wurzelbrot)

** Ich hasse ja bekanntermassen Überraschungen und so gerne ich auch beim Essen im Prinzip was ausprobiere, im Prinzip möchte ich schon wissen, worauf ich mich einstellen muss. So möchte ich schon gerne die ungefähre Richtung wissen, was mich erwartet. Das ist auch das Hauptproblem, das ich zB mit molekularer Küche habe. Wenn etwas aussieht, wie Mozzarella und Tomate, aber in Wirklichkeit eingekapselte Kokoscreme auf Erdbeergelee-Scheiben, öhm. Mhmm. Ich erinnere mich an eine Zeltlagerschnitzeljagd, wo wir auch einen der seinerzeit so beliebten Geschmackstests machen mussten, um einen Hinweis auf den nächsten Posten zu bekommen. Ich stand also in der bayerischen Pampa auf einem Feldweg in der brütenden Hitze und lies mir mit verbundenen Augen der Reihe nach Senf, Marmelade, Essig, Zitronensaft, Schokolade und Apfelstückchen füttern. Die letzte Testsubstanz war dann ein Löffel lauwarmes Wasser, was ich nach den ganzen so intensiv schmeckenden Vorgängersubstanzen so widerlich fand, dass ich alles zusammen in den Graben neben dem Feldweg kübelte.

3 Kommentare:

Beate hat gesagt…

Ich lese hier schon eine ganze Weile mit - heute fühle ich mich
wirklich mal zum Kommentieren angeregt.

Vor drei Tagen war nämlich Schokorosinentag!

http://www.kleiner-kalender.de/event/tag-der-schokolierten-rosinen/53142.html

Anonym hat gesagt…

Liebe Frau Bruellen,
ich líebe Ihren Blog so sehr - aber, ähm, könnten Sie evtl mal eine grösere Schriftart ausprobieren? Peinlich, aber wahr...es ist immer so klein.
Dann noch sonnige Geburtstagsfeiergrüße aus Berlin,
Nane ♥

Irene hat gesagt…

@Nane: einfach mal ctrl (oder auf deutscher Tastatur strg) und die Plustaste gleichzeitig drücken ;-)
Zum Verkleinern ctrl und Gedankenstrich gleichzeitig.